Anlässlich der derzeit stattfindenden Regierungsverhandlungen hat die Österreichische juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht (ÖjGT) einen Forderungskatalog zusammengestellt. Darin spricht die ÖjGT einige der wesentlichsten Tierschutzprobleme in Österreich an und fordert die künftige Regierung zum Handeln auf.
Die Forderungen im Einzelnen
- Erhöhung des Strafrahmens in § 222 StGB (Tierquälerei)
- Effektive praktische Umsetzung der Parteistellung der Tierschutzombudsperson in Verfahren nach dem Tiertransportgesetz (TTG 2007) durch Anpassung der Bestimmungen im TTG 2007
- Tatsächliche Anpassung der Haltungsbedingungen an die physiologischen und ethologischen Bedürfnisse von Schweinen und Rindern durch Beachtung des anerkannten Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse
- Ausweitung der Befugnisse der Tierschutzombudspersonen auf das Tierversuchsrecht
- Verbot von Langstrecken-Lebendtiertransporten in EU-Drittstaaten bzw Erweiterung der VO Ermächtigung in § 20b TTG auf solche Verbote
Erhöhung des Strafrahmens für Tierquälerei (§ 222 StGB) ist dringend geboten
Der Strafrahmen für Tierquälerei nach § 222 StGB ist im Vergleich zu anderen Straftaten unzureichend und muss dringend erhöht werden. In den letzten Jahren gab es eine besorgniserregende Zunahme schwerer Fälle von Tierquälerei, die jedoch aufgrund des aktuellen Strafrahmens nur unzureichend bestraft werden können. Für ein Beispiel eines schweren Falls von Tierquälerei hier klicken. Besonders erschreckend ist, dass das Quälen von Tieren – wehrlosen Lebewesen – einen deutlich höheren Unrechtsgehalt hat als viele andere Straftaten, dennoch wird dieser Aspekt im Strafmaß derzeit nicht ausreichend berücksichtigt.
Obwohl es bereits parlamentarische Initiativen zur Anpassung des Strafrahmens gegeben hat, wurden diese bisher nicht umgesetzt. Eine Erhöhung des Strafrahmens für Tierquälerei würde es den Gerichten ermöglichen, je nach Schwere der Tat flexibler und gerechter zu strafen. Eine mögliche Reform könnte entweder eine pauschale Erhöhung des Strafrahmens auf beispielsweise fünf Jahre oder eine differenzierte Strafregelung nach Schwere der Tat vorsehen – ähnlich wie bei der Misshandlung von wehrlosen Personen (§ 92 StGB).
Das Ziel einer solchen Reform ist klar: Die Strafen für Tierquälerei müssen der Schwere der Tat gerecht werden, um sowohl eine wirksame Abschreckung zu schaffen als auch den Opfern – den Tieren – gerecht zu werden.
Umsetzung der Parteistellung der Tierschutzombudsperson in Verfahren nach dem Tiertransportgesetz
Mit der Änderung des Tierschutzgesetzes im Jahr 2022 wurde die Beteiligung der Tierschutzombudspersonen im Tiertransportrecht gesetzlich verankert. Das bedeutet, dass sie künftig in alle relevanten Verfahren eingebunden werden sollen, um die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorschriften zu überprüfen. Die Tierschutzombudspersonen haben die Aufgabe die Interessen des Tierschutzes geltend zu machen.
Allerdings ist diese Beteiligung derzeit in der Praxis nicht möglich, da das Tiertransportgesetz (TTG) noch nicht an die neuen Vorgaben angepasst wurde. Insbesondere bei der Zulassung von Transportunternehmer:innen und der Plausibilitätskontrolle durch die Behörden fehlt noch die notwendige rechtliche Grundlage, damit die Tierschutzombudspersonen ihre Aufgaben effektiv wahrnehmen können. Eine Anpassung des TTG ist daher dringend erforderlich, um die Rechte der Tierschutzombudspersonen vollständig umzusetzen und der tierschutzrechtlichen Kontrolle gerecht zu werden. Andernfalls bleibt die Parteistellung der Tierschutzombudspersonen im Tiertransportrecht nicht mehr als ein Lippenbekenntnis.
Tatsächliche Anpassung der Haltungsbedingungen an die physiologischen und ethologischen Bedürfnisse von Schweinen und Rindern
Das mit der Novelle des Tierschutzgesetzes im Jahr 2022 neu eingeführte Verbot der Haltung von Absetzferkeln, Zuchtläufern und Mastschweinen in unstrukturierten Vollspaltenbuchten ohne Funktionsbereich wurde inhaltlich und hinsichtlich der langen Übergangsfrist kritisiert. Mehr Informationen dazu hier. Obwohl das Ziel dieser Regelung die Verbesserung des Tierwohls war, zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse, dass die Änderungen nicht ausreichend sind, um einen merklichen positiven Effekt auf das Wohl der Schweine zu erzielen.
Nach § 13 Tierschutzgesetz müssen Tiere gemäß den anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen und ihren physiologischen sowie ethologischen Bedürfnissen gehalten werden. Um diese Anforderungen korrekt umzusetzen, sind fundierte wissenschaftliche Evaluierungen erforderlich. Zahlreiche Forschungsprojekte zeigen, wie Haltungssysteme verbessert werden können, um das Tierwohl zu fördern. Zu einem Beispiel eines solchen Forschungsprojekts siehe hier.
Die ÖjGT fordert daher, eine stärkere Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse, um die Haltungsbedingungen tatsächlich im Sinne des Tierwohls zu gestalten.
Ausweitung der Befugnisse der Tierschutzombudspersonen auf das Tierversuchsrecht
Mit dieser Forderung weist die ÖjGT auf das erhebliche Tierleid im Tierversuchsbereich hin. Im Jahr 2023 wurden in Österreich über 220.000 Tiere für Tierversuche verwendet. Die Interessen des Tierschutzes werden im derzeitigen Verfahren zur Genehmigung von Tierversuchen kaum bis gar nicht berücksichtigt. Während Tierversuchs durchführende Personen im Genehmigungsverfahren einen ablehnenden (die Interessen der Tiere schützenden) Bescheid verfahrensrechtlich bis in die höchste Instanz bekämpfen können, kann ein von der Behörde genehmigtes Tierversuchsvorhaben von niemandem im Interesse der betroffenen Tiere bekämpft und zur Überprüfung an eine zweite Instanz herangetragen werden. Diese Waffenungleichheit ist mit keinen Argumenten zu rechtfertigen.
Zur Beseitigung dieser Waffenungleichheit notwendig ist es, den unter den Versuchen leidenden Tieren eine Stimme zu geben. Eine Möglichkeit das zu tun, wäre die Einräumung einer Parteistellung der Tierschutzombudspersonen auch im Tierversuchsrecht.
Verbot von Langstrecken-Lebendtiertransporten in EU-Drittstaaten
Tiertransporte in sogenannte „Tierschutz-Hochrisikostaaten“ sorgen immer wieder für erschütternde Berichte über Tierleid, wie der Fall von 69 Zuchtrindern, die zwischen Bulgarien und der Türkei festgehalten wurden, erneut aufzeigt.
In Österreich ist der Transport von Hausequiden, Hausrindern, Hausschafen, Hausziegen zum Zwecke der unmittelbaren Schlachtung oder Mast von einem Versandort in Österreich direkt an einen Bestimmungsort in einem Drittstaat (außerhalb der Europäischen Union) bereits verboten. Dieses Verbot gilt aber nicht für Zuchtrinder und wird in der Praxis häufig umgangen, was auch diesem Medienbericht zu entnehmen ist.
Zur Vermeidung von unfassbarem Tierleid ausgehend von in Österreich abgefertigten Tiertransporten braucht es eine Ausweitung des in § 20a Abs 5 TTG enthaltenen Verbots und einen effektiven Vollzug eines solchen Verbots.
Hier der gesamte Forderungskatalog: