Das österreichische Tierschutzgesetz (TSchG) verfolgt das Ziel, das Leben und Wohlbefinden der Tiere zu schützen und jegliche durch den Menschen verursachte Schmerzen, Leiden und Schäden zu verhindern. In der Praxis stellt sich jedoch die Frage, wie mit Personen umzugehen ist, die unter Erwachsenenvertretung stehen und gegen das TSchG verstoßen. Oftmals werden Verfahren gegen solche Personen eingestellt, da sie als nicht zurechnungsfähig gelten, weil diese zur Zeit der Tat wegen Bewusstseinsstörung, krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig waren, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln (§3 Abs. 1 VStG). Dies wirft die Frage auf, ob und unter welchen Bedingungen sie weiterhin Tiere halten dürfen und inwieweit Erwachsenenvertreter:innen für Verstöße mitverantwortlich gemacht werden können.
Rechtslage zur Tierhaltung durch Personen mit Erwachsenenvertretung
Gemäß § 12 TSchG ist zur Haltung von Tieren jede Person berechtigt, die in der Lage ist, die Vorschriften des Tierschutzgesetzes einzuhalten und über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Dies führt zur zentralen Frage, ob eine Person, für die ein Erwachsenenvertreter bestellt wurde, diese Voraussetzungen erfüllen kann.
Zunächst ist zu klären, wann Erwachsenenvertreter:innen bestellt werden: Erwachsenenvertreter:innen werden nach österreichischer Rechtslage gemäß den Bestimmungen des Erwachsenenschutzgesetzes (ErwSchG) bestellt, wenn eine volljährige Person aufgrund einer psychischen Erkrankung oder vergleichbaren Beeinträchtigung nicht mehr in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbstständig zu regeln. Diese Angelegenheiten betreffen in erster Linie das Vermögen (Verwaltung von Vermögenswerten, Abschluss von Verträgen), die Gesundheit (Zustimmung zu medizinischen Behandlungen, Entscheidung über Pflegeeinrichtungen) und rechtliche Vertretung (Vertretung vor Gericht und Behörden). Ob eine Person in der Lage ist, ein Tier artgerecht zu halten und dessen Bedürfnisse zu erfüllen, fällt nicht unmittelbar in diesen Zuständigkeitsbereich und wird im Rahmen der Bestellung eines Erwachsenenvertreters nicht systematisch geprüft.
Die Frage, ob eine Person mit Erwachsenenvertretung die Anforderungen des § 12 TSchG erfüllt, kann daher nicht pauschal beantwortet werden, sondern ist im Einzelfall zu beurteilen.
Kommt es nun zu einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, prüft die zuständige Behörde/das Landesverwaltungsgericht in den wenigsten Fällen, ob eine Haltereigenschaft nach § 12 TSchG gegeben ist. Da Betroffene aufgrund einer psychischen Erkrankung oder kognitiven Beeinträchtigung häufig als nicht zurechnungsfähig gelten, können sie für ihr Verhalten nicht bestraft werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob und inwieweit die bestellten Erwachsenenvertreter:innen zur Verantwortung gezogen werden können.
Verantwortlichkeit der Erwachsenenvertreter:innen
Die Verantwortlichkeit der Erwachsenenvertreter:innen richtet sich nach dem Umfang ihrer Vertretungsbefugnis. Es ist zu prüfen, ob und inwieweit sie für einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz mitverantwortlich gemacht werden können.
Kommt es zu einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz durch eine unter Erwachsenenvertretung stehende Person, sollte zunächst der Kontakt mit den zuständigen Erwachsenenvertreter:innen aufgenommen werden. Diese können über das zuständige Pflegschaftsgericht in Erfahrung gebracht werden, sofern das rechtliche Interesse für eine Namhaftmachung gegeben ist, was hier zweifelsohne vorliegt.
Falls die bestellte Erwachsenenvertretung nicht bereit ist, sich der Sache anzunehmen und Abhilfe zu schaffen, wäre das Pflegschaftsgericht vom vorliegenden Sachverhalt in Kenntnis zu setzen. Sollte sich die Erwachsenenvertretung darauf berufen, dass die „Überwachung der Tierhaltung durch die betroffene Person“ nicht in deren Wirkungskreis fällt und daher nicht zu ihren Aufgaben zählt, müsste in der Eingabe an das Pflegschaftsgericht darauf hingewiesen und eine Erweiterung des „Wirkungskreises des Erwachsenenvertreters“ angeregt werden. Es kann zwar nicht in Abrede gestellt werden, dass das Verfahren, welches vom Pflegschaftsgericht sodann eingeleitet werden sollte, eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird, weil ein Clearingverfahren[1] und eine Anhörung der betroffenen Person durchgeführt und allenfalls ein Gutachten eingeholt werden müsste, aber es wäre letztlich klargestellt, dass die zur Erwachsenenvertretung bestellte Person gemäß § 38 Abs.4 TSchG zur Verantwortung gezogen werden könnte.

Gemäß § 38 Abs. 4 TSchG sind auch diejenigen zu bestrafen, die es dulden, dass eine ihrer Aufsicht oder Erziehung unterstehende nicht deliktsfähige Person bzw. eine seiner Aufsicht und Weisung unterstehende Person zuwiderhandelt, obwohl sie die Tat hätten verhindern können.
Daraus ergibt sich, dass Erwachsenenvertreter:innen unter bestimmten Umständen zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie es unterlassen, tierschutzrechtliche Verstöße zu unterbinden. Eine konsequente Anwendung dieser Bestimmung könnte dazu beitragen, Tierleid nachhaltig zu verhindern, indem direkt gegen die Erwachsenenvertreter:innen vorgegangen wird.
Fazit
Erwachsenenvertreter:innen sollten sich ihrer Pflichten bewusst sein und bedenken, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen für Verstöße gegen das Tierschutzgesetz haftbar gemacht werden können. Es ist daher ratsam, bereits im Rahmen des Clearingverfahrens zur Bestellung eines:einer Erwachsenenvertreter:in auf eine bestehende Tierhaltung hinzuweisen.
[1] Verfahren, das im österreichischen Erwachsenenschutzrecht vor der Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters durchgeführt wird
Autorinnen:
Ines Schnur/Susanne Chyba