Ende des vergangenen Jahres hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) einen Antrag mehrerer Landwirt:innen gegen das künftige Verbot unstrukturierter Vollspaltbuchten in der Schweinehaltung als unzulässig zurückgewiesen.
Vorgeschichte: Aufhebung der Übergangsfrist durch den VfGH
Zur Erinnerung: Im Jahr 2023 hat der VfGH entschieden, dass die 17-jährige Übergangsfrist für das Inkrafttreten des Verbots unstrukturierter Vollspaltenbuchten in der Schweinehaltung verfassungswidrig ist. Mit der Tierschutznovelle 2022 wurde das Verbot unstrukturierter Vollspaltbuchten in § 18 Abs 2a des Tierschutzgesetzes (TSchG) eingefügt. Hintergedanke dieser Gesetzesänderung war die Förderung des Tierschutzes. Zur Frage, ob das neu eingeführte Verbot in § 18 Abs 2a TSchG geeignet ist, das Tierwohl tatsächlich zu erhöhen, kann auf folgenden Beitrag der ÖjGT verwiesen werden: https://www.oejgt.at/tierschutzpaket-2022-verankerung-des-verbots-unstrukturierter-vollspaltbuchten-ohne-funktionsbereich-in-der-schweinehaltung/
Für das Verbot unstrukturierter Vollspaltbuchten wurde eine gesetzliche Übergangsfrist festgelegt, sodass das Verbot für vor dem 1.9.2022 bereits bestehende Anlagen, die im Einklang mit den bis dahin geltenden tierschutzrechtlichen Vorschriften errichtet wurden, erst ab 1.1.2040 gelten sollte. Diese Übergangsfrist sah der VfGH als zu lang und nicht vereinbar mit dem öffentlichen Interesse auf Tierschutz an, das mit der Gesetzesnovelle verfolgt wurde. Der VfGH erklärte die Übergangsfrist somit für verfassungswidrig und legte fest, dass der Gesetzgeber bis 31.Mai 2025 Zeit hat eine neue, kürzere Übergangsfrist festzulegen. Wird bis dahin keine neue Frist festgelegt, gilt das Verbot unstrukturierter Vollspaltbuchten ab dem 1.Juni 2025 ohne Übergangsfrist. Für nähere Informationen zu dieser Entscheidung des VfGH: https://www.oejgt.at/der-verfassungsgerichtshof-erklaert-die-17-jaehrige-uebergangsfrist-fuer-unstrukturierte-vollspaltenbuchten-in-der-schweinehaltung-fuer-zu-lang/
Landwirt:innen stellen Antrag auf Aufhebung des Vollspaltbuchten-Verbots
Bei den Antragsteller:innen handelt es sich um in der Schweinezucht und -mast tätige Landwirt:innen. In ihrem Antrag an den VfGH führten sie aus, dass sie durch das Verbot der unstrukturierten Vollspaltbuchten auch bereits jetzt aktuell betroffen seien. Das Verbot gelte zwar zur Zeit der Anfechtung noch nicht, aber dadurch dass der Gesetzgeber bisher noch keine neue Übergangsfrist festgelegt hat, bestehe die Möglichkeit des Inkrafttretens des Verbots mit 1.Juni 2025. Die Antragsteller:innen betonen, es sei keine Planungssicherheit für sie gegeben, da sie nicht wissen, wann das Verbot tatsächlich in Kraft treten wird. Sie weisen darauf hin, dass sie sich auch jetzt schon auf das Wirksamwerden des Verbots vorbereiten müssten, um für dem Fall des Inkrafttretens des Verbots am 1.Juni 2025 keine Verwaltungsstrafen zu riskieren. Die Antragsteller:innen meinen, es sei unzumutbar mit dem Antrag auf Prüfung des Verbots bis zu dem Zeitpunkt abzuwarten, in dem es tatsächlich in Kraft tritt.
Zur rechtlichen Begründung bezogen sich die Antragsteller:innen auf zwei Erkenntnisse des VfGH, in denen er die Zulässigkeit von Individualanträgen1 bereits vor dem tatsächlichen Wirksamwerden der bekämpften Bestimmungen für die Antragsteller bejaht hat, wenn ein Zuwarten unzumutbar ist.
Der VfGH sieht keine aktuelle Beeinträchtigung der Interessen der Antragsteller:innen
Der VfGH erklärte den Antrag als unzulässig. Als Begründung wies er darauf hin, dass die von den Antragsteller:innen angeführten zwei früheren Erkenntnisse des VfGH, bei denen er die Zulässigkeit von Individualanträgen bereits vor Wirksamwerden der bekämpften Bestimmung bejahte, auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden seien. Anders als in diesem Fall, handelte es sich dort nämlich um eine Rechtslage, die für die Antragstellenden zwar noch nicht wirksam war, aber mit Sicherheit künftig wirksam werden würde, da bereits die entsprechende Gesetzesbestimmung kundgemacht wurde. Es stand in diesen Fällen somit fest, dass eine bestimmte Verpflichtung etwa derzeit noch nicht bestehe, aber bald bestehen wird.
Für das Verbot der unstrukturierten Vollspaltbuchten steht derzeit nicht mit Sicherheit fest, dass dieses ohne weitere Übergangsfrist am 1.Juni 2025 wirksam werden wird. Der Gesetzgeber hat nach wie vor Zeit und Möglichkeit eine verfassungskonforme Ersatzübergangsfrist festzulegen. Auch wenn der VfGH den Antragsteller:innen zuerkennt, sich derzeit in einer Phase einer ungewissen künftigen Rechtslage zu befinden, kann eine unter der hypothetischen Annahme der Untätigkeit des Gesetzgebers mögliche künftige Rechtslage nicht angefochten werden.
Zu der Entscheidung des VfGH im Detail: https://www.vfgh.gv.at/medien/Vollspaltenbuchten-Landwirte.de.php
- Ein Individualantrag ist eine Variante, mit der eine Rechtsnorm vorm VfGH bekämpft werden kann. ↩︎